Die Polysomnographie und ihre klinische Indikation

Wann ist eine Schlafanalyse angebracht?

Übermassige Tagesmüdigkeit bzw. Tagesschläfrigkeit stellt in den meisten Fällen den Hauptgrund zu einer Untersuchung im Schlaflabor dar.

Bevor allerdings eine nächtliche Ableitung vorgenommen wird, müssen medizinische, psychologische und soziale Gründe für die ungewöhnliche Tagesmüdigkeit bzw. Schläfrigkeit ausgeschlossen werden. Der Hausarzt oder die überweisende Institution wird sich diesen Fragen zuwenden. Mit der sogenannten "Vorbesprechung" im Schlaflabor können auch "schlafspezifische" Gründe, wie ungenügende Schlafhygiene, falsche Vorstellungen und Erwartung bzgl. Schlaf oder subjektive Fehleinschätzung des Schlafes als mögliche Ursachen für die beklagte Tagesmüdigkeit eruiert werden.

Mit der nächtlichen Schlafanalyse (sog. Polysomnographie) wird die Physiologie des Schlafes untersucht. Das Studium des Schlafes soll zeigen, ob systematische Störfaktoren vorliegen, welche den Verlauf des Schlafes unterbrechen. Die Ursachen solcher Störungen können unterschiedlicher Natur sein, ihre Auswirkungen auf den Schlaf dagegen sind vergleichbar: Jeder Reiz kann zu einem Schlafstadien-Wechsel resp. zu einer kurzen Wachphase führen. Je mehr solcher Reize vorkommen, umso häufiger wird der Schlafverlauf gestört. Eine weitere Gemeinsamkeit dieser nächtlichen Störungen besteht darin, dass diese subjektiv nicht wahrgenommen werden. Die systematisch erfolgten Schlafunterbrechungen dauern meist weniger als 10 Sekunden und entziehen sich der morgendlichen Erinnerung. Auf der Ebene des subjektiven Erlebens berichten Betroffene recht einheitlich von „unerklärlicher“ Tagesmüdigkeit. Diese Müdigkeit lässt sich in verschiedene Ausprägungsgrade abstufen. Es kann sich in leichteren Fällen um ungewohnte Morgenmüdigkeit handeln, die sich im Verlaufe des Tages verliert. Stärker betroffene Menschen fühlen sich während des ganzen Tages müde und leistungschwach und den schwer kranken Patienten entgleitet die Kontrolle über den Schlaf gänzlich und sie nicken auch gegen ihren Willen ein.

Mit der Methode der Polysomnographie kann der physiologische Schlaf eindeutig dokumentiert werden; diese Technik erlaubt es ausserdem Reize zu erkennen, welche für allfällige Schlafunterbrechungen verantwortlich sein können. Die notwendigen Messungen werden mit Hilfe elektronischer Verstärker, Filter und Schreiber gemacht. Die Körperinformationen gelangen, via oberflächlich auf die Haut geklebter Elektroden, vom Patienten zum Aufnahmegerät, werden dort verarbeitet und aufgezeichnet. Die erwähnten Elektroden stören den Schlafverlauf nicht. Durchschnittlich dauert eine Schlafableitung zwischen 6 und 8 Stunden. Die Untersuchung ist absolut unschädlich und schmerzlos.

Die Aufzeichnungen werden ausgewertet und die entsprechenden Befunde sowie Behandlungsmöglichkeiten mit dem behandelnden Arzt und Patienten besprochen.

Mit der Polysomnographie werden u.a. folgende Störungen im Schlaf häufig diagnostiziert:

Schlaf-Apnoe-Syndrom
Das Aussetzen der regelmässigen nächtlichen Atmung wird als Schlaf Apnoe bezeichnet. Wenn die Atmung während des Schlafes systematisch unterbrochen wird, spricht man vom sogenannten Schlaf-Apnoe-Syndrom. Die Länge der Schlaf-Apnoen schwankt zwischen 10 und bis zu gut 60 Sekunden. Das Aussetzen der Atmung führt häufig zum Absinken der Sauerstoffsättigung im Blut. Schlaf-Apnoen gehen fast immer mit starkem Schnarchen einher. Die Störung ist nicht ungefährlich und sollte unbedingt behandelt werden. Andere Atemstörungen (z. B. Cheyne Stoke'sche Atmung etc.) können auch festgestellt werden.

Myoclonus Nocturnus (nächtliche Körperzuckungen ), Periodic Limb Movement Syndrome (nächtliche Beinzuckungen)
Viele Menschen kennen die kurzen Körperzuckungen beim Einschlafen, - diese sind häufig und belanglos. Kommen solche unwillkürlichen Bewegungen, als Bein- oder Körperzuckungen, während des Schlafes vor, so spricht man vom Syndrom der nächtlichen Beinbewegungen oder Körperbewegungen. Diese Abläufe sind oft so ausgeprägt, dass sie den Schlaf kurz unterbrechen und so zu Tagesmüdigkeit führen.

Epileptische Anfälle im Schlaf
Auch diese können, wenn sie kurz sind, unbemerkt auftreten und den Schlaf systematisch stören.

Narkolepsie
"Schlaf-Anfälle" in emotionsgeladenen Situationen sind typisch für diese Schlafkrankheit. Als recht zuverlässiges physiologisches Erkennungszeichen der Narkolepsie gilt der sog. REM-Schlaf gleich zu Beginn der Schlaf-Phasen.

Gastro-ösophagealer Reflux (Rückfluss von Mageninhalt in die Speiseröhre) 
Nächtlicher Reflux kann ebenfalls zu kurzen Wachphasen führen, die systematisch den geregelten Schlaf stören und Tagesmüdigkeit zur Folge haben.

Chronische Insomnie (Schlaflosigkeit)
Die einzige Möglichkeit, Schlaflosigkeit objektiv und eindeutig nachzuweisen, besteht in der nächtlichen Schlafuntersuchung bzw. Beobachtung.

Bruximus (Zähneknirschen)
Automatisches "Beissen und "Pressen" während des Schlafes werden als nächtliches Zähneknirschen bezeichnet. Diese Vorgänge können so stark sein, dass sie zu kurzen Wachphasen führen.

Weitere Störungsbilder, die mit der Polysomnographie erkannt und dokumentiert werden können:
Herzinsuffizienz und Rhythmusstörungen, latente Depression (verkürzte REM Latenz),  Sleep-State-Misperception (Fehleinschätzung der tatsächlichen Schlafzeit), Störung der Schlafarchitektur (z.B. Alpha-Delta Schlaf), Somnabulismus (Schlafwandeln), Pavor Nocturnus („Nachtangst“), Enuresis nocturna (Bettnässen), Erektionstörungen, sowie weitere seltenere Störungen, welche bei entsprechender Fragestellung gezielt abgeklärt werden können.